JOACHIM SEYFERTH VERLAG
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Guten Appetit!

"Speisekarte" des Ausbesserungswerkes Limburg (Lahn) anno 1980



So!


Kurs-Buch (nicht nur für die Bahn)

Aktuelle Erinnerungen an das Urlaubs-Kursbuch 1976

Von Joachim Seyferth


Es gab Zeiten, da waren Urlaub und Ferien fest mit der Eisenbahnreise verbunden – ob den halben Tag im D-Zug oder ein paar Stunden im feudalen TEE, die ganze Nacht im Schlaf- oder Liegewagen, im TUI-Ferienexpress oder gar im Autoreisezug. Die favorisierten Urlaubsziele lagen fern und doch nah – in Deutschland, Österreich und maximal Italien. Dann  wurden Urlaub und Ferien fast nur noch mit dem Auto und vor allem mit dem „Flieger“ assoziiert und auch verwirklicht, die Zuglaufschilder wurden spartanischer und insbesondere die Nachtreisezüge verschwanden fast vollständig. Urlaub in Deutschland und vor allem mit der Bahn wurde belächelt, war etwas für Arme und Zurückgebliebene. Flughäfen wurden die neuen Reisetempel, hier eiferte man dem Jet-Set nach und die späte Bundesbahn begann, sich als schlechtes Vorbild ausgerechnet diesen Flugverkehr auszusuchen und ihre eigenen Systemstärken zu vernachlässigen.

Im Jahre 1976 war sie noch etwas selbstbewusster und verteilte an ihren Schaltern das 68-seitige „Urlaubs-Kursbuch“, ein informativer und nützlicher Ratgeber für die Reiseplanung mit der Bahn. In den einleitenden Worten wurden Speisewagen, Gepäckbeförderung, Autoreisezug und Reisekultur im Allgemeinen schmackhaft gemacht – Dienstleistungen waren offensichtlich noch mehr Freude als Bürde. Nach Hinweisen und Tipps zu jeweils günstigsten Fahrpreisen wurden anhand von Fahrplan- und Preisbeispielen sieben westdeutsche Urlaubsziele von Schleswig-Holstein bis Oberbayern reiseplanerisch aufbereitet, das benachbarte Ausland war mit Holland, Österreich und Italien vertreten. Je Region wurden etwa 20 bis 30 typische Ferien- bzw. Zielorte mit ihren Angeboten und ihrer touristischen Infrastruktur aufgelistet und in der Mitte der Broschüre fanden sich drei vom ADAC übernommene Tabellen zum Thema „Was kostet mein Auto? – natürlich eine die DB begünstigende Entlarvung der wahren Kosten der Mitte der Siebzigerjahre schon längst etablierten Konkurrenz.

Flankiert mit Reiselust auslösenden Informationen und Wissenswertem zu Ferienregionen vor allem im eigenen Land hatte die Bundesbahn damals wohl einen letzten Versuch unternommen, dem Trend zu immer entfernteren Reisezielen und somit zum wachsenden Flug-Tourismus entgegenzuwirken. Mit der Einführung des ICE-Verkehrs propagierte sie 15 Jahre später die Losung „Halb so schnell wie das Flugzeug, doppelt so schnell wie das Auto“, doch da hatten diese Verkehrsmittel schon längst in unverantwortliche Höhen abgehoben. Mittlerweile findet beides statt: wieder Urlaub im eigenen Land und erneut ständige Rekordzahlen bei den Flughäfen. Aber die ungebremste Mobilität in Korrelation mit der Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen scheint tatsächlich wieder ein Kurs-Buch im wahrsten (gesellschaftlichen) Wortsinn zu benötigen und ein solches war einmal Privileg der Eisenbahn. Auf gute (Weiter-)Fahrt!


So!


Spessart oder U-Bahn?

Pläne der Deutschen Bahn zwischen Heigenbrücken und Lohr


Bereits seit Mitte 2017 schauen zwischen Laufach und Heigenbrücken Bahnfahrer nur noch in die (Tunnel-)Röhre, dazu viel nackter Beton und hässliche Lärmschutzwände; der Sichtbarkeit von Spessartlandschaft wird kaum noch eine Chance mehr gegeben. Jetzt soll auch der mittlere Streckenabschnitt der Spessartstrecke zwischen Heigenbrücken und Lohr für höhere Geschwindigkeiten ausgebaut und zusätzlich neu trassiert werden – größtenteils wiederum im Tunnel. U-Bahn statt Spessart? Banaler Transport statt Reisekultur? Irrtum statt Verkehrswende? Fragen über Fragen zu buchstäblich keinen schönen Aussichten.

Von Joachim Seyferth


Es gab einmal eine Zeit, da war in Deutschland der Bau von Umgehungsstraßen trotz mehr oder weniger Widerstände ein verkehrspolitisches Non-Plus-Ultra. Die Folge war und ist allerdings nicht nur ein entzerrter bzw. verlagerter Straßenverkehr, sondern auch eine forcierte Zersiedlung von Landschaft und Naturräumen. Mittlerweile hat fast jede kleinere Ortschaft ihren „Bypass“ und es zeichnet sich deutlich ab, dass in dieser Hinsicht die Verkehrsplanung einschließlich ihrer stets flankierenden Interessensgruppen aus Industrie und Bauwirtschaft nun auch die Schienenwege entdeckt hat. Allerorten werden Eisenbahnstrecken auch im Rahmen von fälligen Sanierungen erneuert, begradigt und großräumig neu trassiert – die Bahn spricht hierbei von so genannten „Ausbaustrecken“, die sukzessive an die Standards der neuen Schnellfahrstrecken angepasst werden.

Auch die Bahn durch den Spessart besitzt schon seit Jahrzehnten den Status einer Ausbaustrecke, immer wieder gab es mannigfaltige Pläne und Varianten zur Optimierung des Trassenverlaufs, um höhere Geschwindigkeiten und minder aufwändige Betriebsabläufe zu erzielen. Mit der Ergänzung in Gestalt der „Nantenbacher Kurve“ (Abzweig für den schnellen Fernverkehr von und nach Würzburg bei Lohr) im Jahre 1990 sowie dem Bau der neuen Spessartrampe zwischen Laufach und Heigenbrücken (Inbetriebnahme Sommer 2017) sind zwei dieser Vorhaben realisiert worden. Nun rückt der Mittelteil der Spessartstrecke in den Focus, also der rund 20 Kilometer lange Abschnitt zwischen Heigenbrücken und Lohr, der die Züge im Vergleich zu den neu- oder ausgebauten Streckenteilen aus Sicht der aktuellen Verkehrsplanung noch „ausbremst“. In der Tat verläuft die Fahrt hier relativ bogenreich (bei der Eisenbahn spricht man nicht vom Straßenbegriff der „Kurven“, sondern von Bögen bzw. Gleisbögen), es geht eben mitten durch den Spessart ohne die Flankierung von vergleichsweise geradlinigen Flusstälern wie zwischen Lohr und Gemünden.


Zugbegegnung auf der Spessartstrecke bei Krommenthal (16. Oktober 1982). Wird auch dieser Streckenabschnitt verschwinden?


Im Vergleich zu den Streckenabschnitten zwischen Aschaffenburg und Heigenbrücken sowie zwischen Lohr und Gemünden, wo Fernreisezüge mittlerweile bis zu 160 km/h schnell sind (Nantenbacher Kurve bis Würzburg sogar 200-250 km/h), betragen die Höchstgeschwindigkeiten im mittleren Abschnitt der Spessartstrecke „nur“ rund 120 km/h. Dies wird mittlerweile als Manko bzw. als Geschwindigkeitseinbruch empfunden und ist daher Gegenstand einer Machbarkeitsstudie der DB Netz AG, das im Jahre 2017 begonnen wurde und den nüchternen Titel „Dialogforum Hanau-Würzburg/Fulda“ trägt. Sie ist Folge der im selben Jahr vom Bundesverkehrsministerium getroffenen Entscheidung, fahrzeitverkürzende Maßnahmen „im Korridor Hanau – Nantenbach“ untersuchen zu lassen. Bei einem vierten Treffen einer entsprechenden DB-Arbeitsgruppe am 1. Februar 2018 wurde einerseits konstatiert, dass eine zuvor angedachte Schienen-Ortsumgehung von Lohr nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird, weil die Kosten den Nutzen weit übersteigen. Andererseits wurden nun zwei weitere Bereiche der Spessartstrecke für „Linienoptimierungen“ bzw. „Beschleunigungsmöglichkeiten“ bis zu 200 km/h ausgewählt: Hanau – Aschaffenburg sowie Heigenbrücken – Nantenbach.

Während für den Abschnitt Hanau – Aschaffenburg dafür kein Neubau oder eine (teilweise) Verlegung der Strecke, sondern nur vielfältige Einzelverbesserungen und -umbauten vorgesehen sind, wurden für den mitten im Spessart gelegenen Abschnitt Heigenbrücken – Nantenbach neben einer im Vorfeld verworfenen Streckenplanung im Wesentlichen zwei alternative Trassenvarianten angedacht und skizziert – Kosten beim damaligen Preisstand von 2015 bis zu 1,5 Milliarden (!) Euro. Eine Variante weist zwei Neubaustrecken unter Einbeziehung eines Teilstücks der alten Trasse im Bereich Partenstein auf, die andere sieht eine rund fünfzehn Kilometer lange und deutlich südlicher gelegene komplette Neubaustrecke zwischen Wiesthal und Nantenbach vor. Der berechnete Fahrzeitgewinn zwischen Heigenbrücken und Nantenbach beträgt bei diesen beiden Varianten zwischen drei und knapp sechs Minuten, neue Talbrücken und Tunnel sind unausweichlich. Für den gesamten Abschnitt zwischen Hanau und Nantenbach hat die Machbarkeitsstudie einen maximalen Fahrzeitgewinn von 6,4 Minuten ausgewiesen.


Reduzierte Planung von Streckenvarianten Spessart (Bestandslinie orange) - Zum Vergrößern Karte anklicken -  Quelle: DB Netz AG


Erweiterte Planung von Streckenvarianten Spessart (Bestandslinie orange) - Zum Vergrößern Karte anklicken -   Quelle: DB Netz AG


Das Papier lässt offen, ob der komplette Neubaustrecken-Abschnitt zwischen Wiesthal und Nantenbach die bisherige Strecke dieser Relation obsolet machen soll – in diesem Fall hätten die Orte Partenstein und Lohr keine Schienenanbindung mehr! Doch dies ist mit Sicherheit oder zumindest nach gesundem Menschenverstand nicht zu befürchten, vielmehr wird diese Streckenvariante nur dem Durchgangsverkehr, also Fernreise- und Güterzügen vorbehalten sein. Denn in Zeiten einer beschworenen Verkehrswende müssen die Regionalexpress-Halte in Partenstein und Lohr freilich mindestens erhalten, wenn nicht gar erhöht werden. Die weiteren Planungen werden also offensichtlich darauf hinauslaufen, welche Variante nach entsprechenden Untersuchungen und Berechnungen favorisiert werden soll – die nördliche unter Einbeziehung eines Teilstücks der vorhandenen Strecke oder die südliche unter Beibehaltung der bisherigen Strecke für den Nahverkehr. Oder doch noch weitere Varianten der vorhanden Varianten …

Fest steht, dass der Spessart in nächster Zeit wieder Besuch von Bahn-Ingenieuren und -Planern bekommen wird, die auch vor Ort Erkundungen und Untersuchungen vornehmen werden. Sobald nicht schon geschehen, werden auch die betroffenen Gemeinden und ihre betroffenen Vertreter aus Politik und Verwaltung über die neuen Vorhaben unterrichtet und eingebunden werden. So wie bei Verlegung und Neubau der Spessartrampe zwischen Laufach und Heigenbrücken vor einigen Jahren, wo Information und Bürgerbeteiligung zumindest zufriedenstellender als bei ähnlichen Bauvorhaben vor einigen Jahrzehnten umgesetzt wurde. Mit Nantenbacher Kurve und neuer Spessartrampe haben sich die Anrainer offensichtlich arrangiert, doch wird dies auch beim neuen DB-Projekt im Spessart der Fall sein? So unscheinbar die geplanten Streckenbegradigungen im globalen Sinne auch sein mögen, so sehr stellen sich doch bei tieferer Betrachtung zahlreiche neue Fragen, die insbesondere von den aktuellen Zeitläuften getragen und forciert, ja gar provoziert werden.

Denn nur wenige Kilometer westlich zeigt insbesondere die neue Spessartrampe sehr deutlich auf, wie sich dereinst auch der Schienen-Abschnitt zwischen Heigenbrücken und Lohr bzw. Nantenbach  sowohl den Bahnreisenden als auch den Zaungästen bzw. Anwohnern präsentieren wird: mehr Tunnel, mehr Beton, mehr Flächen für Bahn-Equipment jeglicher Art. Zwischen Laufach und Heigenbrücken ist der Bahnbetrieb nun einfacher, effizienter und schneller geworden – in technischen und wirtschaftlichen Maßstäben eine fällige und teils unumgängliche Maßnahme. In ästhetischer bzw. kultureller Hinsicht steht dieser neue Streckenabschnitt jedoch in einem diskussionswürdigen Widerspruch zur alten Trasse – und dies sowohl beim „Erleben“ während der Zugfahrt als auch bei der Integration in die Landschaft. Sinnloser ist die Eisenbahn hier keinesfalls geworden, jedoch ist unübersehbar und umfassender als vorerst vermutet ein Verlust an Sinnlichkeit zu beklagen …

Dieser Verlust bezieht sich im Wesentlichen auf das äußere Erscheinungsbild der neuen bzw. veränderten Strecke sowie auf die Reisekultur für den Fahrgast: Nackter Beton in Korrelation mit der schlichten Formgebung der neuen Brücken und Tunnelportale stellt nicht gerade eine Augenweide dar! Da waren die alten Kunstbauten der Bahn (also Brücken, Durchlässe und Tunnel) hinsichtlich ihrem Baumaterial und ihrer Oberflächenstruktur zweifellos schöner anzuschauen und entsprachen in der Tat dem überlieferten Credo von Carl Ritter von Ghega (1802-1860, u. a. Erbauer der Semmeringbahn, die seit 1998 Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes ist), wonach ein Bahnbauer in erster Linie ein Künstler sein müsse. Diesem hehren Anspruch werden (nicht nur) neue Bahnstrecken in keinster Weise mehr gerecht, möge der neuzeitliche Stolz der Verkehrsingenieure und Bahnbetreiber hinsichtlich ihrer technischen Leistungen und Raffinesse auch durchaus berechtigt sein. Denn man hat sich nicht einmal der geringen Mühe und Mittel unterworfen, nackten Sichtbeton wenigstens landschaftsgerecht einzufärben oder ihn mit Natursteinelementen oder Ähnlichem zu verblenden.


Alte und neue Spessartrampe zwischen Laufach und Heigenbrücken bei Hain (7. Juni 2016). Künftig mehr Tunnel als Landschaft?


Alte Spessartrampe im Bereich des Schwarzkopf-Tunnels (rechts), oben Westportale des Falkenberg-Tunnels (1. Oktober 2015)


Im Zug sieht die Sache nicht besser aus: Die Fahrt zwischen Laufach und Heigenbrücken geht nun ein wenig flotter und dank größerer Bogenradien auch ein wenig „geschmeidiger“ vonstatten, doch den Blick aus dem Fenster kann man sich nun sparen: Lärmschutzwände, Tunnel und mehr oder weniger tiefe Einschnitte. Teile von Laufach sind östlich des Bahnhofs nur noch auf einem Stück der alten Strecke zu erspähen, Hain ist für den Fahrgast vollends verschwunden und der Spessart sowieso – erst kurz nach dem neuen Haltepunkt in Heigenbrücken rückt er wieder dicht ans Zugfenster. Kein Wunder, dass niemand mehr hinausschaut und fast nur noch digitale Unterhaltungs- oder Arbeitsgeräte den innengelenkten Blick auf sich ziehen. Reisekultur?

Man wagt es ja kaum, diesen schön klingenden Begriff, dem unter den aktuellen und grassierenden Entwicklungen der Zugreise ein zunehmend antiquarischer Beigeschmack droht, noch anzusprechen oder gar einzufordern. Gewiss, im strengen Sinne ist Kultur zunächst wertneutral, auch die Reisekultur. Doch der Unterschied zwischen einst und jetzt ist mitunter allzu krass: Einst vom alten Bahnhof Heigenbrücken aus die knapp einen Kilometer lange Fahrt durch den Schwarzkopf-Tunnel und anschließend der freie Blick ins gen Rhein-Main-Gebiet auslaufende Spessartland, rechter Hand das vorbeiziehende Weichbild der Ortschaft Hain, sogleich gefolgt von Laufach mit seiner markanten Kirche. Heute vom neuen Haltepunkt Heigenbrücken aus fast nur noch „U-Bahn“, der Zug von vier und insgesamt 4,3 Kilometer langen Tunnelbauwerken verschluckt. Reisekultur?


Aussichts-Triebwagen ("Gläserner Zug" 491 001) in Krommenthal (2. Juni 1995). Zwischen Lärmschutzwänden und Erdwällen sowie in langen Tunnelbauwerken wären derartige Ausflugsfahrten auf Ausbau- und Neubaustreclken wohl sinnlos.


Irgend etwas ist hier – und das im tatsächlich buchstäblichen Sinne – auf der Strecke geblieben. Und gibt einen Vorgeschmack auf das Folgevorhaben der Bahn, unseren hier im Fokus stehenden Streckenabschnitt zwischen Heigenbrücken und Nantenbach. Allmählich drängen sich die Fragen auf, ob wirklich jede Kurve (hier Gleisbogen) begradigt, ob wirklich jeder Hügel untertunnelt und ob wirklich jedes kleinste Hindernis eliminiert werden muss, um das Industrieland Deutschland noch industrieller, noch effizienter, noch billiger, noch langweiliger, noch unansehnlicher, noch wohlstandsfeiler, noch seelenloser zu machen. Muss unser Land, müssen unsere Landschaften, muss der Spessart noch entstellter und noch mehr verleugnet werden, damit uns – freilich nahezu zu spät – die wirklich wichtigen Antworten und Erkenntnisse aufgezwungen werden? Haben wir noch nicht erkannt, dass auch eine Verkehrswende vor allem im Kopf stattfinden muss, dass seit überschaubarer Vergangenheit sämtliche kleinen und großen Verbesserungen und Fahrzeitgewinne bei der Eisenbahn diesen Mobilitätswandel entgegen allen Wünschen und Verlautbarungen eben nicht spürbar und vor allem wirksam herbeigeführt haben? Dass sich der alte Sponti-Spruch, wonach wir sinngemäß einmal ein allseits verfügbares, bequemes und schnelles Fortkommen haben werden, es sich aber wohl nicht mehr lohnen würde, irgendwo anzukommen, allmählich und tatsächlich bewahrheitet? Ein leider nicht sehr „anschauliches“ Beispiel dürfte hierzu auch die Bergwelt der Alpen sein, wo eine grassierende Tourismus-Infrastruktur zur Bespaßung der Massen vielerorts einstige Idylle zerstört hat.


Dieseltriebzug der Baureihe 601 bei der Durchfahrt im ehemaligen Bahnhof Heigenbrücken (11. Juni 1987)


Abgetrennte Gleise des ehemaligen Bahnhofs Heigenbrücken (31. Oktober 2017). Im Zuge der neuen Spessartrampe wurde am entgegengesetzten Ortsrand ein architektonisch bescheidener Haltepunkt ohne weitere Ausweich- oder Gütergleise errichtet.


Die neuen Bahn-Pläne in der Mittelgebirgswelt des Spessarts mögen marginal erscheinen, führen aber in Summe mit anderen und auch bereits verwirklichten Maßnahmen zu durchaus veränderten Wahrnehmungen dieser legendären und geschichtsträchtigen Landschaft. Insbesondere bei zunehmendem Tunnelanteil droht der sicher unerwünschte Effekt „Aus dem Auge, aus dem Sinn“ einzutreten. Im Sinne einer neuen optischen Hygiene und Ganzheitlichkeit wird es daher nötig sein, sowohl die Projektierung als auch die Ausführung eines minimal beschleunigten Streckenabschnitts im Spannungsfeld zwischen Landschaft, Technik und Reisekultur zu begleiten und zu beeinflussen. Ansonsten wird der Unterschied zwischen einer U-Bahn, einer in vielerlei Hinsicht utopischen „Hyperloop“-Bahn oder ähnlichen Rohrpost-Transportmitteln nicht mehr allzu spürbar sein – verschwunden die mäandernde Fahrt durch einen langen und tiefen Wald, durch ein letztes Erlebnis dunkelgrüner und geheimnisvoller Einsamkeit in Deutschland, durch den Spessart.



Die Machbarkeitsstudie „Dialogforum Hanau-Würzburg/Fulda“ (https://www.hanau-wuerzburg-fulda.de/dialogforum.html)ist öffentlich zugänglich und im Internet zum Lesen und/oder Herunterladen als PDF bereitgestellt. Hierzu am besten den o. g. Namen der Machbarkeitsstudie in das Eingabefeld einer Suchmaschine eingeben und gleich den ersten Treffer mit der nahezu identischen Überschrift „Dialogforum Hanau – Würzburg/Fulda“ anklicken. Nun auf der linken Spalte im grau hinterlegten Feld „Arbeitsgruppen des Dialogforums“ anklicken und danach auf der nun erschienenen Seite in der rechten Spalte mit der Überschrift „Aktuelle Downloads“ die Angabe „Präsentation der 4. Sitzung der AG Südkorridor“ anklicken bzw. als PDF herunterladen. Oder alternative Suche auf der Seite: https://www.hanau-wuerzburg-fulda.de/arbeitsgruppen.html#ag-sk


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